Ein (fast) unbekanntes Futtertier für kleine Terrarienbewohner:
das Ofenfischchen (Thermobia domestica)
Beate Röll (IGP-Rundschreiben 4/96)
Das Ofenfischchen (Thermobia domestica Packard [1873]) gehört wie das bekanntere Silberfischchen (Lepisma saccharina) zu der weltweit verbreiteten Familie Lepismatidae, die man zu den Borstenschwänzen (Thysanura) und damit zu den Urinsekten zählt. Thermobia hat einen länglichen, abgeflachten Körper, der dicht mit schwarzen und gelblichen Schuppen bedeckt ist. Am Hinterleib befinden sich drei gefiederte, lange Borsten: ein Terminalfilum und zwei Cerci. Die Weibchen besitzen außerdem einen ziemlich langen Legestachel, der schon in Rückenansicht unterhalb des Terminalfilums sichtbar ist. Adulte Weibchen werden gut 1 cm groß und zwischen 20 und 25 mg schwer; die etwas kleineren Männchen bleiben mit ihrem Gewicht meist unter 20 mg. Tagsüber halten sich Ofen- wie Silberfischchen als dunkelaktive Tiere in Verstecken auf.
Ein Gelege kann aus 5 bis 40 Eiern bestehen. Die Zeit von der Eiablage bis zum Schlupf aus dem Ei dauert bei Optimalbedingungen rund 14 Tage. Das Imaginalstadium ist nach knapp einem halben Jahr bei einer Körperlänge von 7-8 mm erreicht. Im Gegensatz zu den sogenannten „höheren“ Insekten häuten sich auch die ausgewachsenen Tiere noch regelmäßig.
Die Haltungstemperaturen sollten zwischen 30 und 37°C liegen.
Darüber hinaus stellt Thermobia nur geringe Ansprüche an die Haltungsbedingungen. Als Zuchtgefäße können Kunststoffbehälter dienen, an deren glatten (sauberen) Wänden die Tiere nicht hochklettern können. Lüftungsschlitze im Deckel werden mit feinmaschiger Gaze beklebt. Locker geschichtete Pappstücke (z.B. Eierkarton) sowie zusammengeknäueltes Küchen- oder Toilettenpapier bieten den Tieren Unterschlupf und Möglichkeiten zur Eiablage. Lockeres Baumwollgewebe, wie z.B. Watte, wird besonders gern als Eiablegeplatz angenommen. Wassergefüllte Glasgefäße, die fest mit zwei bis drei Lagen Gaze abgedeckt sind, dienen der Erhöhung der Luftfeuchtigkeit – nicht als Tränke! Die Gaze soll verhindern, daß die Tiere in den Wassergefäßen ertrinken. Man kann auch Papier unter dem Deckel befestigen und dieses etwas feucht halten. Versuchen Sie nicht 100 %rF zu erreichen! Bei dieser Luftfeuchte schimmelt es in Ihrer Zucht in kürzester Zeit. Im Hinblick auf das Nahrungsangebot sind Ofenfischchen nicht wählerisch. Sie fressen z.B. das als Unterschlupf dienende, zellulosehaltige Papier. Zusätzlich werden stärke- und zuckerhaltige Stoffe, etwa Haferflocken und Milchpulver verfüttert. Auch Bierhefepulver wird gern angenommen.
Tiere aus den Zuchten zu entnehmen ist sehr einfach: Man braucht nur etwas von dem Papier oder ein Stück Eierkarton über einer Plastikschale auszuschütteln. Nicht gefressene und daraufhin längere Zeit im Terrarium verweilende Ofenfischchen beschädigen weder die rechtmäßigen Bewohner noch die Terrarienpflanzen. Unter dem Aspekt des Futtertieres ist der einzige Schwachpunkt von Thermobia die lange Entwicklungsdauer. Man kann auch aus einer gut laufenden Zucht nicht so viele Tiere zum Verfüttern entnehmen, wie es z.B. bei Grillen möglich wäre.
Übrigens: Ofenfischchen lassen sich nicht nur gut züchten – sie werden auch sehr gern gefressen!