Phelsuma guimbeaui – Haltung und Nachzucht

Ralph-M. Budzinski (IG-Rundschreiben 4/2000)

 

Die Phelsumen der Maskareneninsel Mauritius erfreuen sich aufgrund ihrer Farbenpracht besonderer Beliebtheit. So ist auch Phelsuma guimbeaui häufiger in unseren Terrarien anzutreffen. Dennoch wird diese Art bei weitem nicht in dem Maße nachgezüchtet, wie es erforderlich wäre um die Nachfrage zu befriedigen. Daher findet man bedauerlicherweise immer wieder illegal importierte Wildfänge, die im Handel und auf Börsen als „holländische Nachzuchten“ angeboten werden. Dabei müssten die schon vorhandenen Tiere zahlenmäßig ausreichen um eine stabile Terrarienpopulation zu erhalten, die aus sich selbst heraus den Fortbestand sicherstellt.
Erwachsene Phelsuma guimbeaui sind eigentlich keine schwierigen Pfleglinge und meist werden die Männchen auch über Jahre gehalten. Die folgenden Probleme werden jedoch immer wieder berichtet und verhindern die erfolgreiche Etablierung der Art:

  • Weibchensterblichkeit
  • „Kippen“ von Jungtieren
  • Zwergwuchs
  • Geringe Schlupfrate bedingt durch Eikleben
  • Mangel an männlichen Schlüpflingen

Nach fünf Jahren Guimbeaui-Haltung mit Frust und Lust möchte ich hier von meinen Erfahrungen berichten.

P.guimbeaui, junges Männchen

P.guimbeaui, junges Männchen

Natürliche Verbreitung
Phelsuma guimbeaui bewohnt den Westen der Insel Mauritius von Port Louis bis Baie du Cap. In diesem an sich schon kleinen Verbreitungsgebiet ist sie auch nur noch punktuell anzutreffen. Das liegt wohl in erster Linie daran, dass Phelsuma guimbeaui große Laubbäume als Lebensraum bevorzugt und diesbezüglich weit weniger anpassungsfähig zu sein scheint als etwa Phelsuma cepediana oder Phelsuma ornata.

Die intensive Bewirtschaftung der Insel lässt natürlich keinen Raum für zusammenhängende Waldgebiete, so dass die einzelnen Populationen voneinander isoliert sind. Stirbt eine aus, kann das Gebiet nicht durch Zuwanderung wieder besiedelt werden. Dadurch ist Phelsuma guimbeaui wahrscheinlich die gefährdetste Art auf der Insel, und jede Naturentnahme für kommerzielle Zwecke ist strikt abzulehnen. Selbst die im Hochland von Mauritius lebende Phelsuma rosagularis ist trotz des noch kleineren Verbreitungsgebietes wahrscheinlich besser dran, da es sich um ein zusammenhängendes Gebiet handelt, das unter Naturschutz steht.

In ihrem Lebensraum kommt Phelsuma guimbeaui sympatrisch mit Phelsuma cepediana und Phelsuma ornata vor, wobei die erwachsenen Phelsuma guimbeaui sich eher in den oberen Regionen der Bäume aufhalten. Aufgrund ihrer Jugendfärbung sind die Jungtiere sehr schwer zu entdecken, sie scheinen aber den Lebensraum der Alttiere zu meiden und eher im Unterholz heranzuwachsen.

Terrarienhaltung
In einem Terrarium mit den Maßen 60cm x 40cm x 80cm (L x B x H) halten wir Phelsuma guimbeaui paarweise. Die Vergesellschaftung mehrerer Weibchen mit einem Männchen hat leider nicht auf Dauer funktioniert.
Diagonal eingebrachte verzweigte Äste von Laubbäumen sowie senkrechte Bambusstäbe dienen als Lauffläche und Sitzplätze. Das Terrarium ist dicht bepflanzt und wird mit einer 150W HQI Lampe beleuchtet und beheizt. Dabei baut sich ein Temperaturgradient von deutlich über 42°C am Sonnenbadeplatz bis auf etwa 24°C im unteren Bereich des Terrariums auf. Als Sonnenbadeplatz dient ein quer eingeklemmter Bambus direkt unter der Lampe (Kieler Stange), der von den Tieren vor allem morgens zum Aufwärmen und sonst zwischendurch immer mal wieder besucht wird. Nachts fällt die Temperatur bis auf Raumtemperatur, was im Winter durchaus auch mal 17°C bedeuten kann.

Terrarium für P.guimbeaui

Terrarium für P.guimbeaui

Tonkügelchen aus der Hydrokultur dienen als Bodengrund, in den die Pflanzen direkt eingesetzt sind. Eine pflegeleichte Lösung, da herabfallender Kot als „Hydrodünger“ genutzt wird und über einen Wasserstandsanzeiger die richtige Feuchte jederzeit kontrolliert werden kann.
Bedingt durch die Hydrokultur und die dichte Bepflanzung steigt die relative Luftfeuchtigkeit nachts auf Werte über 80%. Tagsüber sinkt sie bis auf etwa 40% im oberen Beckenbereich ab. Am Vormittag wird mit entmineralisiertem Wasser gesprüht. Geringe Mengen davon, die die Geckos bei dieser Gelegenheit auflecken, schaden den Tieren nicht. Für die Trinkwasseraufnahme ist eine handelsübliche Vogeltränke mit Reservoir angebracht, die die Tiere regelmäßig aufsuchen. Bei Bedarf kann so dem Trinkwasser noch ein Vitaminpräparat zugesetzt werden.
Als Futter dienen in erster Linie Heimchen, gelegentlich Wachsmotten, deren Raupen oder Ofenfischchen. Daneben werden ab und zu Obstbrei, das Joghurtprodukt „Fruchtzwerge“ oder Blütenpollen angeboten.

Heimchen und Wachsraupen werden mit der Pinzette gereicht, da die Guimbeaui-Weibchen während der Reproduktionsphase einen erhöhten Nahrungsbedarf haben, während die Männchen zur Verfettung neigen, und nur so eine adäquate Futterverteilung erreicht werden kann. Außerhalb der Reproduktionszeit lehnen die erwachsenen weiblichen Tiere häufig Heimchen als Nahrung ab. Dafür sind sie sehr an pflanzlicher Nahrung insbesondere Blütenpollen interessiert. Während unserer dreiwöchigen Urlaubsabwesenheit (immer im Winterhalbjahr) erhalten die Tiere ausschließlich Blütenpollen als Nahrung.
Von außerordentlicher Bedeutung für die Gesunderhaltung besonders der weiblichen Phelsuma guimbeaui ist die intensive Versorgung mit Vitaminen und Kalzium. Während der Reproduktionsphase erhalten Weibchen mit jeder Fütterung Korvimin ZVT. Trotzdem hatten wir einen Todesfall durch Rachitis nach mehreren Eiablagen. Seitdem haben die Tiere immer Zugang zu kleinen Stückchen Sepiaschale, die bei Bedarf auch gerne gefressen werden. Anders als z.B. Phelsuma laticauda fressen die Guimbeaui-Weibchen aber nie mehr Sepiakalk als sie tatsächlich benötigen, so dass sich keine überdimensionalen Endolymphsäckchen entwickeln.

Nachzucht
Die Aufnahme von Sepiakalk ist auch ein untrügliches Anzeichen für die bevorstehende Eiablage. Nicht immer kann man die Gravidität des Weibchens deutlich feststellen, da P. guimbeaui doch eine etwas massigere Gestalt hat und die Bauchhaut auch recht undurchsichtig ist. Erscheint das Tier dann aber plötzlich schlanker, sollte man sich auf die Suche nach dem Gelege begeben. Es ist immer vorteilhaft, wenn man das Gelege aus dem Terrarium entfernen kann. Zum einen kann man dann versuchen über die Inkubationstemperatur Einfluß auf das Geschlecht zu nehmen, zum anderen werden die Schlüpflinge durchaus auch als Beute betrachtet. So bemerkten wir einmal einen Schlupf im Terrarium nur dadurch, dass das Männchen gerade eine ungewöhnliche Beute gemacht hatte. Durch schnelles Eingreifen konnten wir ihn zum Glück dazu bewegen, das Beutetier vor Schreck wieder fallenzulassen, was dem Junior das Leben rettete. Die Jugendfärbung scheint demnach nur eine Tarnfärbung und nicht wie bei Phelsuma standingi eine Schutzfärbung zu sein.

P.guimbeaui, Schlüpfling

P.guimbeaui, Schlüpfling

Darüber hinaus war die Schlupfrate im Terrarium wesentlich niedriger als bei Brutkasteninkubationen. Das mag daran liegen, dass das Weibchen eben nicht unbedingt die geeignetsten Plätze für den Nachwuchs aussucht. Fast ausnahmslos erfolgte die Eiablage bei unseren Tieren abends nach dem Erlöschen der Beleuchtung. Möglicherweise sind die bevorzugten Stellen zu diesem Zeitpunkt noch warme Bereiche, die tagsüber einfach zu heiß werden. Öffnet man solche Gelege findet man oft sehr weit entwickelte Jungtiere, die in einem späten Entwicklungsstadium abgestorben sind oder die lediglich den Schlupf nicht geschafft haben.

Durch Einbringen von mit Papier oder Wachs ausgekleideten Bambusröhren in waagerechter und senkrechter Position an allen möglichen Stellen des Terrariums gelingt es meist, das Weibchen zur Annahme einer dieser Alternativen zu bewegen. Gelegentlich „besuchen“ die Weibchen das Gelege in den ersten Tagen nach der Eiablage. Hat man es dann schon entfernt, wird dieser Eiablageplatz beim nächsten Mal nicht wieder benutzt. Ein Angebot an möglichst vielen Alternativen ist daher wichtig, soll das Gelege nicht doch plötzlich irgendwo an der Glasscheibe kleben.
Die Eiablagen erfolgen meist im Abstand von ca. 1 Monat. Ausnahmsweise kamen aber auch Abstände zwischen zwei Eiablagen von nur 17 Tagen vor. Die Anzahl der Gelege eines Weibchens schwankt sehr stark. Falls das Weibchen nicht von selbst pausiert, sollte man es spätestens nach sechs Gelegen vom Männchen trennen um eine Überbeanspruchung zu vermeiden.
Bei einer konstanten Inkubationstemperatur von 26°C schlüpfen die Jungtiere nach durchschnittlich 68 Tagen, allerdings schlüpfen dabei fast ausschließlich weibliche Jungtiere. Versuche zur Induktion des männlichen Geschlechts durch kurzzeitige Temperaturerhöhung (vergl. IGP-Rundschreiben 1/99) sind in diesem Jahr erstmalig angelaufen. Die eindeutige Geschlechtsbestimmung ist bei den Jungtieren aber bisher noch nicht möglich.

Aufzucht
Nach dem Schlupf beziehen unsere Jungtiere, die eine Größe von 3,5 bis 4 cm aufweisen, zunächst 1 l Plastikdosen, die im Deckel und an einer Seite mit Belüftungsflächen versehen sind. Die Einrichtung besteht lediglich aus zwei diagonal eingebrachten Bambusstöckchen oder kleinen Zweigen und einem Wassernapf. Meist fressen die jungen Guimbeauis schon einen Tag nach dem Schlupf. Besonders geeignet für erste Fressversuche sind kleinste Raupen der Wachsmotte. Verletzt man diese leicht, duften sie offensichtlich derart appetitlich, dass die kleinen Geckos nicht widerstehen können. Schon bei der nächsten Fütterung erkennen sie die Nahrung und greifen sofort zu. Man kann dann zu Ofenfischchen und Heimchen in der entsprechenden Größe übergehen. Sobald wie möglich sollte man zum Einstäuben der Futtertiere mit Korvimin ZVT übergehen, damit keine Mangelerscheinungen auftreten. Unsere Jungtiere erhalten während der ersten Monate täglich vitaminisierte Futtertiere. Allerdings immer nur so viele, wie sie hintereinander wegfressen. Die Tiere sollten danach noch Interesse an mehr Futtertieren haben. Ungefressene Futtertiere, die in der Dose herumlaufen, bedeuten für die Jungtiere eher Stress.

Unterschiedliche Färbungsstadien von  Jungtieren in der Gruppenaufzucht

Unterschiedliche Färbungsstadien von Jungtieren in der Gruppenaufzucht

Ungenügende Futterversorgung und ungenügendes Wachstum in den ersten Lebensmonaten holen die Tiere hinterher nur schwer wieder auf und man erhält zwergwüchsige Adulti.
Im Alter von etwa zwei Monaten können die kleinen Guimbeauis in Freilandvolieren auf den Balkon umziehen (vergl. IGP-Rundschreiben 1/98). In einer Voliere sitzen dann 4-6 ähnlich große Jungtiere verschiedener Phelsumenarten zusammen. So haben wir Phelsuma guimbeaui mit Phelsuma cepediana und Phelsuma nigristriata gemeinsam aufgezogen. Interessanter Weise sind die P.cepediana dominant, obwohl sie deutlich schmächtiger als die kleinen Phelsuma guimbeaui sind.

Bei Freilandhaltung beginnt die Umfärbung der jungen P. guimbeaui schon im Alter von drei Monaten mit gelben Augenringen und ersten grünen Flecken im Schnauzenbereich. Bei Terrarienaufzucht kann man das erst viel später beobachten.
Ein häufiges Problem bei der Aufzucht im Terrarium ist das viel zu frühe Ansetzen von Eiern. Oft sind die Tiere nicht einmal umgefärbt und schon gar nicht ausgewachsen, wenn die ersten Eier ausgebildet werden. Auf jeden Fall sollte man vermeiden, dass es so früh zu einer Paarung kommt, denn mit dem Austragen befruchteter Gelege verbundene Wachstumsverzögerungen holt das Tier nicht wieder auf. Frühestens im Alter von 1,5 Jahren sollte man die jungen Weibchen zur weiteren Zucht einsetzen.

Freilandaufenthalt
Außerordentlich empfehlenswert ist die Haltung und Aufzucht von P. guimbeaui im sonnigen Freiland.
Folgende Beobachtungen konnten gemacht werden:

  • Freßunlustige oder sogar etwas hinfällige weiblichen P. guimbeaui entwickelten innerhalb weniger Tage in der Freilandvoliere wieder Appetit
  • Die Eiproduktion wird eingestellt und die Tiere legen eine gesundheitsfördernde Legepause ein
  • Jungtiere zeigen einen Wachstumsschub
  • Freilandaufenthalt in der Umfärbungsphase führt zu sehr intensiver Rotfärbung. Selbst bei erwachsenen Tieren intensiviert sich die Färbung noch

Bei keiner anderen bisher von uns gehaltenen Phelsumenart ist der Einfluß des Freilandaufenthaltes auf die Färbung derart gravierend wie bei P. guimbeaui. Ohne entsprechende Experimente kann nur spekuliert werden, was die Intensivierung der roten Farbelemente verursacht. Da auch unter UV-abgeschirmter HQI-Beleuchtung die Farbausprägung stärker ist als unter Leuchtstoffröhren, kann UV als Ursache ausgeschlossen werden. Die intensive Wärmestrahlung, die Lichtintensität oder die Kombination aus beidem kommen als Ursache in Frage.

P.guimbeaui, Weibchen

P.guimbeaui, Weibchen

Das gesteigerte Wohlbefinden war jedoch auch zu beobachten, als wir Tiere im März in einer Voliere am Fenster im Zimmer untergebracht hatten. Sonnenlicht gab es zu dieser Jahreszeit kaum und die nötige Wärme kam aus einem 60W Spotstrahler. Möglicherweise hat Phelsuma guimbeaui als Bewohner hoher Bäume einfach ein sehr hohes Frischluftbedürfnis, ähnlich wie es ja auch von einigen Chamäleonarten bekannt ist. Ohnehin wird bei der Terrarienhaltung der Luftfeuchtigkeit ein viel zu hoher und der Frischluftzufuhr ein viel zu niedriger Stellenwert zugemessen. Da wird der Lüftungsschlitz noch verkleinert und eine Sprühanlage installiert, nur um auf tropische 80% Luftfeuchtigkeit zu kommen.

Die Erfahrung mit der Haltung im Freiland oder auch das beste Gedeihen von im Terrarienzimmer entkommenen Phelsumen zeigt aber, dass auch Luftfeuchtigkeitswerte von 40% ohne Häutungs- oder andere Probleme über lange Zeit toleriert werden. Eigene Messungen der Luftfeuchtigkeit im natürlichen Lebensraum von P. guimbeaui haben zudem ergeben, dass auch dort zumindest an manchen Tagen nicht einmal 50% rel. Luftfeuchte erreicht werden. Vielleicht sollte man bei der Konstruktion der Guimbeaui-Terrarien mal bei den Chamäleonhaltern Anleihe nehmen.

Schluss
Phelsuma guimbeaui ist eine der farbenprächtigsten Phelsumenarten. Leider ist sie zur Zeit noch nicht als stabile Terrarienpopulation etabliert. Da ein genügend großer Grundstock an Tieren vorhanden ist, bin ich aber ausgesprochen zuversichtlich, dass durch den Erfahrungsaustausch der Halter in der IG Haltungsbedingungen gefunden werden können, die zu langlebigen, vitalen, schönen Tieren und hohen Nachzuchtraten bei ausgewogenem Geschlechterverhältnis führen.
Eine kommerzielle Plünderung der Wildbestände ist bei dem Gefährdungsgrad dieser Art unverantwortlich!

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