Mananjary und Sainte Marie / 2. Teil unserer Madagaskarreise 2001
Hans-Peter Berghof (IG-Rundschreiben 1/2002)
Wie mein Reisegefährte R. Gebhardt im letzten Rundschreiben schon andeutete, möchte ich nun über zwei weitere Stationen unserer Madagaskarreise 2001 berichten.
Nachdem wir den Nationalpark in Ranomofana hinter uns gelassen hatten, fuhren wir auf einer schon stark in Mitleidenschaft gezogenen Piste Richtung Ostküste. Nach ca. 8 Stunden hatten wir, mit einigen Phelsumensuchzwischenstops, den breiten Fluß Mananjary erreicht und überquerten diesen über eine schon recht betagte aber noch sehr stabile Eisenbrücke. Nach weiteren 20 km erreichten wir die Küste des Indischen Ozeans in Mananjary. Jeder einigermaßen vernünftige Reisende hätte sich nun (ca. 17 Uhr) um eine Unterkunft umgesehen, jedoch nicht wir. Nachdem wir am anderen Ende des Strandes einige Palmen erspäht hatten, fuhren wir dorthin, um die noch verbleibende Zeit bis zur Nacht mit der Suche nach den kleinen grünen Tierchen auszunutzen. Die Palmengruppe stand in der Nähe des Flugplatzes und sollte uns eine recht große Überraschung bescheren.
Schon auf der ersten Palme konnten wir Phelsumen ausfindig machen, die P. dubia recht ähnlich sahen, nur deutlich farbenprächtiger und auch etwas kleiner waren als die uns bekannten Tiere dieser Art.
Um es vorweg zu nehmen, weitere Untersuchungen haben gezeigt, dass es sich tatsächlich bei diesen Tieren um eine besonders hübsche Population von P. dubia handelt. Damit ist erstmals eine Population dieser Art so weit südlich an der Ostküste Madagaskars bestätigt worden.
Mit diesen ersten Eindrücken im Gepäck machten wir uns nun (es war schon dunkel) doch auf die Suche nach einer Unterkunft, welche wir dann auch in dem sehr angenehmen Bungalowhotel „SORAFA“ fanden. Dieses liegt direkt am Strand, und das etwa 28 °C warme Wasser lädt förmlich zum Baden ein. Wenn jemand hier baden möchte (Roland und ich wollten und haben) sollte er sich jedoch nicht unbedingt zu sehr von einer sehr starken Unterstömung sowie der Tatsache, dass es sich hier um stark Hai-verseuchte Gewässer handelt, beeindrucken lassen. Auf der Abbildung ist Roland zu sehen, wie er gegen die ständige sehr starke Brandung ankämpft. Eventuelle Ähnlichkeiten seiner Frisur mit historischen Persönlichkeiten sind rein zufällig! Die Bungalows waren sauber und luxuriös (Dusche, WC, warmes und kaltes Wasser und ein Ventilator) eingerichtet und das Essen war sehr lecker. Auf den Kokospalmen und Ravenalas im Hotelgelände konnten wir dann ebenfalls P. dubia sowie P. l. lineata und P. parva finden. Weiterhin lebten dort noch Furcifer lateralis, Heterixalus alboguttatus sowie an und in den Bungalows als Moskitovernichter Gehyra mutilata. Am darauf folgenden Tag suchten wir weiter die Küstenregion ab und sahen dort etliche Skinke und wiederum P. dubia an den Palmen.
An großen Pandanuspflanzen direkt am Strand fanden wir farbenprächtige P. l. lineata. Nach einem ausgedehnten Bummel durch die recht angenehme Stadt beschlossen wir, mit einem Führer ein Stück ins Landesinnere zu gehen. Als Ziel hatten wir einen kleineren Bambushain. Schon auf dem Weg dahin konnten wir an Zäunen zahlreiche und beobachten. An größeren Bäumen fanden wir auch P. mad. madagascariensis. Diese Art vermuteten wir so weit südlich eigentlich nicht mehr. Von P. dubia war hier nichts mehr zu sehen.
Der Bambushain mit seinen umliegenden Bäumen entpuppte sich in Bezug auf Echsen als Flopp. Aber dafür fanden wir einen! kleinen Frosch und zahlreiche Schlangen (Leioheterodon madagascariensis, Dromicodryas bernieri und auch Sanzinia madagascariensis). Auf dem Rückweg hatte unser Führer dann die gute Idee eine Abkürzung zu nehmen. Diese führte uns über einige Bergkuppen sowie zum Teil sehr sumpfiges Gebiet. Nach einiger Zeit (2 Stunden oder so) erkundigten wir uns dann doch mal, ob er noch weiß wo wir sind. Nach einigem Zögern bemerkte er dann, dass er sich wohl etwas verlaufen hatte. Auf Grund dessen brachte uns die „Abkürzung“ einen etwa 3 Stunden längeren Rückmarsch, und das bei etwa 35°C und sehr schwüler Luft.
Da wir entgegen allen Beteuerungen unserer madagassischen Bekannten in Mananjary wie auch schon zuvor in Ranomofana nichts von der Regenzeit bemerkten, sondern ausschließlich herrliches Wetter hatten, relaxten wir natürlich auch ausgiebig, bevor wir uns wieder in Richtung Antananarivo auf den Rückweg machten. Im Nachhinein kann ich sagen, dass es bestimmt lohnenswert gewesen wäre für diese Region etwas mehr Zeit einzuplanen und die weitere Umgebung gründlicher zu untersuchen. Diese Zeit hatten wir aber leider nicht, da wir ja unbedingt noch die „vielversprechende“ Exkursion nach Andekaleka (siehe vorheriges RS) eingeplant hatten.
Auf Sainte Marie (Nosy Boraha):
Nach 3 Wochen Rundreise waren wir wieder in Antananarivo angekommen und mußten uns leider von Roland verabschieden, weil er wieder zurück nach „Good old Germany“ mußte. Knut und ich gönnten uns noch eine Woche auf der Ostküsteninsel Sainte Marie (Nosy Boraha). Da im Hochland in diesem Jahr eine besonders heftige Regenzeit war und auch unser Bekannter Olaf Pronk eindringlich abgeraten hatte, an die sowieso schon feuchte Ostküste zu reisen, war uns schon etwas mulmig zu Mute und wir überlegten schon, wie wir die Zeit bei Dauerregen auf der Insel rumbringen werden.
Wir flogen mit einer kleinen zweimotorigen Propellermaschine, natürlich bei strömenden Regen, Richtung Ostküste über Madagaskar und erreichten ebenfalls bei Regen die Küste. Nun ging es aufs offene Meer hinaus und zu unserer Überraschung lichteten sich die Wolken immer mehr je näher wir der Insel kamen. Auf Sainte Marie landeten wir nach insgesamt etwa einer Stunde Flugzeit bei schönstem Sonnenschein. Am Flugplatz wurden wir schon von einem Auto des Hotels „La Crique“ erwartet und fuhren etwa eine Stunde auf der teilweise sehr schlechten Küstenstraße zum Hotel. Dieses ist auf der Westseite der Insel und man kann sehr schön die an einer Stelle nur 6 km entfernte Küste Madagaskars sehen. Das Hotel sowie die Verpflegung waren sehr gut.
Um es auch hier vorweg zu nehmen. Wir hatten in der gesamten Woche auf Sainte Marie etwa 1 bis 2 Stunden Regen und sonst nur herrlichstes Wetter. Interessant war, dass wir jeden Abend bei fast immer sternenklarem Himmel am Strand sitzend die täglichen Unwetter an der madagassischen Küste beobachten konnten. Auf unsere vorsichtigen Anfragen wie denn wohl das Wetter am kommenden Tag würde, reagierten die Eingeborenen nur mit unverständigem Kopfschütteln und erklärten uns, dass zu dieser Jahreszeit immer schönes Wetter ist, außer ein Zyklon ist im Anmarsch. Die Temperaturen lagen tagsüber bei 30°bis 35°C und sanken in der Nacht kaum ab. Die Wassertemperaturen waren mit 27° bis 30°C auch sehr angenehm, und der fantastische Korallengarten direkt am Badestrand beginnend machten das tägliche Baden zu einem schönen Erlebnis. Haie würde es hier auch geben, aber die seien ungefährlich. Ich habe auch leider nie einen zu Gesicht bekommen. Das Wetter läßt sich eigentlich auch recht logisch erklären. Die Wolkenmassen, die vom Meer kommen ziehen über die kleine Insel und werden erst von den Gebirgen Madagaskars gestoppt, um sich dann an der Ostküste zu entladen.
Für uns war es natürlich sehr erfreulich (neben dem gut temperierten THREE HORSES), dass wir schon beim Einzug in unseren Bungalow von einer P. dubia auf einer niedrigen Palme am Weg begrüßt wurden. An und um die Bungalows konnten wir dann auch außer großen Mengen Gehyra mutilata Phelsumen der Arten P. quadriocellata bimaculata, P. pusilla und P. mad. madagascariensis finden. Bei letztgenannter Art war bemerkenswert dass sich beim ergreifen sofort, ähnlich wie bei P. breviceps, die Haut ablöste, als auch die sehr dunkle Zwischenschuppenhaut und Fleischfarbe an den Verletzungen. Für P. dubia welche auf den Kokospalmen im Garten leben gab es bisher ebenfalls keine schriftliche Bestätigung für dieses Vorkommensgebiet. Weiterhin entdeckten wir im Hotelgarten Furcifer pardalis und eine Leiohederodon madagascariensis. Natürlich haben wir uns auch die Insel etwas angeschaut. Dazu unternahmen wir unter anderen einen Fußmarsch zur Ostseite und auch zwei Exkursionen mit einem Führer (Marcellian) in den noch vorhandenen kleinen Rest des ursprünglichen Regenwaldes.
Die Insel kann man über einen ca. 6 km langen Pfad, welcher in der Nähe unseres Hotels beginnt, überqueren. Dieser Pfad ähnelt einer Achterbahn, denn es geht ständig bergauf und -ab. Größtenteils kommt man an Feldern und anderen abgeholzten Flächen vorbei. An vereinzelten Baumgruppen fanden wir wieder sehr schön gefärbte P. mad. madagascariensis. Diese waren alles recht große Tiere mit etwa 20 bis 22 cm Gesamtlänge. Die kleine Inselform von der auch A. Lerner berichtet hatte, konnten wir während unseres Aufenthaltes leider nicht entdecken. Aber es muß ja auch wieder einen Grund geben, um diese Insel ein weiteres mal aufzusuchen. Nach etwa der Hälfte der Strecke erreichten wir ein einzelnes Haus, aus dem auch gleich eine etwas füllige Einwohnerin auf uns zu kam und Getränke anbot. Außerdem drängte sich uns dort ein Führer so hartnäckig auf, dass wir ihn eben mitnahmen.
Nach etwa 2,5 Stunden hatten wir die Ostküste erreicht, mußten aber um an den Strand zu gelangen noch eine ca. 500 bis 700 m breite Lagune überqueren. Hier erwies sich unser hartnäckiger Führer als sehr hilfreich. Er organisierte ein Kanu und paddelte uns über die Lagune. Allerdings mußte ich einige Überzeugungsarbeit bei Knut leisten, da er nicht schwimmen kann und wohl auch nicht so viel Vertrauen in das Boot hatte. Die Hinfahrt verlief problemlos und wir wurden mit einem Traumstrand belohnt. Auch hier konnten wir wieder P. mad. mad. und P. pusilla beobachten. Außerdem einige Furcifer pardalis, von denen ein Weibchen sogar bei der Eiablage war.
Als wir wieder zurück wollten bemerkten wir, dass unser Boot weg war. Aber es lagen noch zwei weitere am Ufer und so nahmen wir einfach ein anderes. Dieses hatte allerdings einen recht langen Riß im Boden und dieser wurde während der Überfahrt immer undichter. So kam es, dass etwa auf halber Strecke ein daumendicker und ca. 15 cm langer Wasserstrahl ins Boot spritzte. Daraus ergab sich die groteske Situation dass ich (vorn) mit allen mir zur Verfügung stehenden Fingern versuchte, den Strahl abzudichten,um meine Fotoausrüstung zu schützen. Hinter mir Knut mit einer sehr kleinen Blechdose wie ein Wilder versuchte möglichst viel Wasser aus dem Boot zu schöpfen, um sein Leben zu retten und dahinter der Führer sich köstlichst darüber amüsierte. Ich denke nun wird es noch schwieriger, Knut für eine weitere Bootsfahrt zu begeistern. Auf dem Weg über die Insel kamen wir leider nicht durch Regenwald, diesen sahen wir nur in der Ferne. Leider ist auch auf Sainte Marie nur noch sehr wenig Regenwald vorhanden, und dieser wird sehr stark durch Brandrodung bedroht.
Um in den Regenwald zu gelangen verabredeten wir uns mit dem Führer Marcellan (der ist im Hotel bekannt) und machten zwei schöne Ausflüge in den zum Teil noch gut erhaltenen Primärregenwald. In den Bananenpflanzen am Weg zum Wald fanden wir viele P. quadriocellata bimaculata. Diese waren auch im Wald häufig zu sehen. Schon etwa 30 m im Regenwald konnte wir die erste P. guttata beobachten. Diese Art war allerdings nicht so häufig und auch ausschließlich nur im dichten Wald an Ravenalas und bemoosten Ästen zu finden. Auch verschiedene Schlangen, Frösche und meinen ersten in der Natur gefundenen Uroplatus fimbriatus konnten wir beobachten. Weiterhin hatten wir das Glück einen Lemur zu entdecken, und an einer sehr großen Flughundkolonie vorbei zu kommen. Unser Führer erwies sich als sehr freundlich und ortskundig. Leider hatte er die dumme Angewohnheit lauthals zu singen und das die ganze Zeit, in der wir durch den Wald liefen. Nur den ohrenbetäubenden Lärm in der Flughundkolonie konnte er nicht übertreffen. Sobald man wieder aus dem Wald kommt beginnen auch schon die Felder, und an allen Ecken sieht man Feuer. Wie auf ganz Madagaskar ist auch auf Sainte Marie die Brandrodung ein sehr großes Problem. Vom ursprünglichen Regenwald sind nur noch kleine Restbestände im Zentrum der Insel vorhanden, und diese verschwinden rasant. Ich denke dieses kleine Stück ursprüngliche Natur könnte nur durch ein Schutzprogramm überleben. Es ist sehr wahrscheinlich, dass in ein paar Jahren davon nichts mehr zu sehen ist. Die beeindruckende Fauna und Flora wäre dann auch hier unwiederbringlich verloren.
Die Zeit unseres Aufenthaltes war viel zu schnell um, und es hieß Abschied nehmen. Als ob man uns die Abreise nicht zu schwer machen wollte war am Morgen der Himmel erstmals bedeckt und es nieselte sogar etwas. Aber schon am Mittag war wieder blauer Himmel, und so starteten wir mit Sonnenschein und landeten eine Stunde später natürlich bei strömendem Regen in Tana, um am selben Tag die Heimreise ins kalte Deutschland anzutreten.