Mauritius: Taggeckos und begleitende Herpetofauna

von Achim Lerner & Peter Krause (IG-Rundschreiben 1/95)

 

Die zu den Maskarenen zählende Insel Mauritius beherbergt auf der Hauptinsel 4 endemische Phelsumenarten und -Unterarten. Zu Mauritius gehören auch einige kleinere Inseln, die ebenfalls für den Phelsumenfreund von Interesse sind. Hierzu zählen die 30 km vor der Nordspitze von Mauritius liegende, von Jersey Wildlife Preservation Trust bewirtschaftet, Insel Round Island, auf der Phelsuma guentheri lebt, und die Insel Rodrigues, deren beide Arten, Phelsuma gigas und Phelsuma edwardnewtoni, als ausgestorben gelten. Im Naturkundemuseum von Port Louis ist ein Präparat von Phelsuma edwardnewtoni zu besichtigen, das allerdings aufgrund seines Alters von der Lebendfärbung dieser Art nicht mehr viel erkennen lässt. Auf der Koralleninsel Agalegae, 1200 km nördlich von Mauritius, kommt Phelsuma borbonica agalegae vor, eine Unterart der ansonsten nur auf La Reunion anzutreffenden Phelsuma borbonica.
In diesem Beitrag möchten wir uns auf die Hauptinsel Mauritus konzentrieren, die wir im Oktober/ November 1994 gemeinsam mit unseren Frauen besucht haben.

Präparat von P.edwardnewtoni im Naturkundemuseum von Port Louis

Präparat von P.edwardnewtoni im Naturkundemuseum von Port Louis

Die Phelsumen:
Phelsuma cepediana hat die größte Verbreitung aller Phelsumen auf Mauritius. Den ausgewachsen etwa 15 cm großen Blauschwanz-Taggecko findet man in allen geeigneten Biotopen, wie Palmenhainen, in der Vegetation entlang von Bächen, in den Zuckerrohrfeldern des Nordens ebenso wie in den Naturreservaten des Südens. Weniger häufig ist diese Phelsume anscheinend im trockenen westlichen Teil der Insel. Entlang des schmalen Küstenstreifens von Morne Brabant, dem südwestlichsten Berg der Insel, bis hinauf zur Bucht von Port Louis war Phelsuma cepediana nur punktuell anzutreffen.

Während diese Art im Norden häufig gemeinsam mit Phelsuma ornata anzutreffen ist, teilt sie sich in den Bergregionen des Südens auch Biotope mit Phelsuma guimbeaui rosagularis. Phelsuma cepediana ist ein ausgesprochener Kulturfolger, der bevorzugt in und um menschliche Ansiedlungen lebt. Mehrere Tiere fanden wir z.B. an Palmen sowie einer Fahnenstange im Garten unseres Hotels. Nicht gefunden haben wir Phelsuma cepediana auf Bananenpflanzen, auf denen wir auch keine anderen Phelsumen beobachten konnten. Da die Tiere in direkter Nachbarschaft zu Bananenpflanzungen jedoch Bäume und Palmen besiedeln, scheinen sie diese Kulturpflanze bewusst zu meiden. Erstaunlich war, das häufig sehr viele Tiere an einem Platz gemeinsam anzutreffen waren, in einem Fall fanden wir 15 Tiere auf einem einzigen großen Palmenblatt. Bei einer Ansammlung mehrerer Tiere ist allerdings immer nur ein Männchen in Prachtfärbung, d.h. dieses dominante Männchen zeigt sich in einer leuchtend blauen Färbung der Körperoberseite mit einer intensiven roten Zeichnung auf dem Kopf und dem Rücken. Die übrigen Männchen waren ebenso wie die Weibchen grün gefärbt.

Phelsuma ornata hat auf Mauritius ebenfalls ein großes Verbreitungsgebiet, zusätzlich kommt diese Art auf den kleinen vorgelagerten Inseln, wie z.B. Gabriel Island, vor. Der Ornament-Taggecko bevorzugt warme und trockene Biotope und ist häufig auf Bäumen und Sträuchern anzutreffen. Wir fanden einzelne Tiere aber auch auf Palmen und sogar in Agaven. Auffallend war, dass sich die Tiere immer in den unteren Regionen der Sträucher, Palmen oder Bäume aufhielten und selbst auf der Flucht eher den Wurzelbereich, angrenzendes Unterholz und sonstiges niedriges Gestrüpp aufsuchten.
Mit einer Länge von bis zu 12 cm ist Phelsuma ornata die kleinste Art der Mauritius-Phelsumen und zugleich eine der farbenprächtigsten. Die Kopfoberseite ist blaugrün, der Nacken braun und der Rücken türkisgrün bis bläulich gefärbt. Auf der Schnauzenoberseite befindet sich ein blaugrüner Fleck, der von einer roten Zeichnung eingerahmt wird. Zwischen den Augen beginnen drei rote Längsbänder, die im Nacken verschwinden. Die beiden äußeren Längsbänder setzen sich auf dem Rücken fort, während sich in der Rückenmitte zwei in unregelmäßige Flecke aufgelöste Linien befinden. Charakteristisch sind zwei weiße Streifen auf den Halsseiten, von denen einer unterhalb des Auges, der andere am oberen Augenrand beginnt.

Phelsuma guimbeaui im Terrarium

Phelsuma guimbeaui im Terrarium

Phelsuma guimbeaui lebt mit zwei Unterarten auf Mauritius. Die Nominatform bewohnt ein Gebiet entlang der Westküste, die nördlichste Verbreitung liegt etwa auf der Höhe von Port Louis. Guimbeaus Taggecko bevorzugt als Biotop Laubbäume, z.B. die sogenannten „Government Trees“, eine Baumart, die entlang von Wegen, Bach- und Flussläufen gepflanzt wurde, und Höhen von bis zu 30 m erreicht. Leider werden derartige Baumbestände immer häufiger abgeholzt, so dass die einzelnen Populationen von Phelsuma guimbeaui guimbeaui weit auseinander liegen und der Bestand ernsthaft bedroht ist.

In noch intakten Baumbeständen konnten wir individuenreiche Populationen finden, oft gemeinsam mit Beständen von Phelsuma ornata. Während diese Phelsume, wie schon erwähnt, bevorzugt den Stammbereich besiedelt, hielt sich Phelsuma guimbeaui guimbeaui eher im höheren Geäst oder in der Baumkrone auf, wo dichtes Laub ihr eine gute Tarnung bietet.
Mit einer Gesamtlänge von bis zu 17cm ist diese Art größer als die beiden vorgenannten. Phelsuma guimbeaui guimbeaui hat eine grüne bis dunkelgrüne Färbung der Körper-Oberseite. Drei rote Längsstreifen beginnen zwischen den Augen und setzen sich bis auf den Rücken fort. Während die zwei äußeren Dorsolaterstreifen eine mehr oder weniger durchgehende Linie bilden, bildet der Mittelstreifen auf dem Nacken eine artcharakteristische Schlaufe und löst sich dann auf dem Rücken in eine Punktreihe auf, die sich auch auf dem Schwanz fortsetzt.

Phelsuma guimbeaui rosagularis ist die am seltensten anzutreffende Phelsumenart auf Mauritius. Sie wurde bisher nur in den heimischen Bergwäldern des Maccahbee-Bel-Ombre und des Les Mares Naturschutzgebietes gefunden. Hier profitiert sie von dem Naturschutz- und Wiederaufforstungsprogramm des WWF, die jedoch hauptsächlich auf die Erhaltung der endemischen rosafarbenen Taube (Nasoenas mayeri) und des grünen Papageis (Psittacula eques) abzielen. Deutlich kühlere Temperaturen und sehr häufige Niederschläge sind für diese Bergwälder charakteristisch. Die meist kurzen Sonnenphasen nutzen die Tiere, indem sie, dunkelgrün bis grauschwarz gefärbt, mit abgeflachtem Körper dicht am Stamm oder an den Ästen sitzen und sich aufwärmen. Sie besiedeln nur die höheren Laubbäume, die ihnen ausreichende Schutz- und Fluchtmöglichkeiten bieten. Durch ihre versteckte Lebensweise und ihre gute Tarnung sind die Tiere kaum auszumachen. Von der Nominatform unterscheidet sich Phelsuma guimbeaui rosagularis durch ein deutlich blasseres Farbkleid. Die Zeichnungselemente auf Kopf-, Körper- und Schwanzoberseite neigen eher zu einem blassroten bis orangen Farbton. Die ebenfalls vorhandene, blau unterlegte „Schlaufe“, welche die mediane Rückenlinie im Nackenbereich bildet, ist bei dieser Unterart nur ansatzweise zu erkennen. Weitere Unterscheidungsmerkmale sind die rosafarbene Kehle, auf der die V-Zeichnung der Nominatform fehlt und die im letzten Drittel türkis bis hellblau gefärbte Schwanzoberseite.

Landschaft auf Süd-Mauritius

Landschaft auf Süd-Mauritius

Begleitende Herpetofauna:
Mauritius beherbergt außer den Taggeckos eine Anzahl weiterer Reptilien- und Amphibienarten, die z.T. auch Bedeutung für die Phelsumen haben.
Das auffälligste, tagaktive Reptil ist die Schönechse oder Blutsaugeragame, Calotes versicolor. Diese um 1900 aus Asien (Java) eingeführte Echse hat sich über ganz Mauritius ausgebreitet und ist in fast allen Biotopen zu finden. Die bis zu 40 cm großen, schlanken und sehr schnellen Agamen sind gelbbraun bis braungelb gefärbt und verfügen über ein starkes Farbwechselvermögen. Die Männchen zeigen bei Erregung eine dunkelgrüne Kopf- und Halsoberseite mit einer roten Fleckenzeichnung. Neben Gliedertieren und Ameisen werden in der Literatur für Calotes ssp. auch kleinere Echsen als Nahrung angegeben, auf Mauritius dürften vor allem die kleineren Phelsumenarten zum Nahrungsspektrum der Schönechse gehören.
Ungefährlicher für die Phelsumen sind dagegen die allgegenwärtigen nachtaktiven Geckoarten. Mit Einbruch der Dämmerung hört man überall das Chek-Chek-Chek des Pazifikgeckos, Gehyra mutilata und das Chek-Chak des Braunen Hausgeckos, Hemidactylus mabouia. Beide Arten sind weltweit verbreitete Kosmopoliten und als Kulturfolger in und an Gebäuden oft in großer Zahl anzutreffen. Gehyra mutilata wird bis zu 12 cm groß und ist hellbraun bis fleischfarben gefärbt. Durch die feinschuppige Haut sind bei trächtigen Weibchen die Eier deutlich zu erkennen. Mit einer Gesamtlänge von bis zu 18 cm wird Hemidactylus mabouia deutlich größer. Die Körperfärbung ist graubraun, z.T. grünlich, mit einer schwach ausgeprägten, variablen, braunen Rückenzeichnung.
Ebenfalls in und an Gebäuden lebt der braune, bis zu 12 cm große, Halbblattfingergecko, Hemiphyllodactylus t. typus.
Die vierte nachtaktive Geckoart ist Ebenavia inunguis, eine Art, die auf Madagaskar, den Komoren und den Maskarenen verbreitet ist. Im Gegensatz zu den vorgenannten Arten ist dieser, nur etwa 8 cm große, Gecko kein Kulturfolger, sondern lebt auf und unter der Rinde von Bäumen. Die Körperfärbung variiert von olivgrün bis braun mit einem dunklen Seitenstreifen, der Schwanz kann schwarzweiß geringelt oder einfarbig sein.
Aufgrund ihrer nächtlichen Lebensweise haben diese Geckos kaum Kontakt mit Phelsumen, auch wenn sie teilweise die gleichen Lebensräume nutzen. In größeren Terrarien ist die gemeinsame Haltung, insbesondere von Gehyra mutilata und Hemidactylus mabouia, mit Phelsumen eine mögliche Variante.

Ebenfalls in den Abendstunden erscheint die einzige Krötenart von Mauritius, Bufo regularis, die um 1922 auf die Insel verschleppt wurde. Die Kröten haben eine hellbraune Körperfärbung mit einer variablen Zeichnung aus dunkelbraunen Flecken und einem dünnen, weißen Streifen entlang der Körpermitte. Heselhaus empfiehlt tropische Kröten für die Vergesellschaftung mit Taggeckos, sicher ist die maximal 9 cm große Pantherkröte dafür ein Kandidat.

Die zweite auf Mauritius vorkommende Amphibie ist ein Frosch, Ptychadena mascareniensis, der um 1792 zur Bereicherung des Speisezettels aus Madagaskar eingeführt worden sein soll. Als Biotop werden für diese Art Gewässer im Hochland angegeben, so dass sie für die Phelsumen keine Bedeutung hat.

Die einzige beschriebene Skinkart von Mauritius (zwei weitere Arten leben auf Round Island), Bouton´s Skink, Cryptoblepharus boutonii, ist eine kleine, ansprechende Art, die mit ihren gut entwickelten Gliedmaßen an eine Eidechse erinnert. Die Körperfärbung ist braun, oft sind helle Längsstreifen vorhanden. Der typische Lebensraum dieses Skinkes sind Felsen und Steinblöcke in der Brandungszone des Meeres, wo keine Phelsumen vorkommen. Wir fanden aber auch sehr ähnlich aussehende Tiere bei Port Louis, im gleichen Biotop wie Phelsuma ornata, bei denen die genaue Artzugehörigkeit unklar ist. Generell sind kleine Stinke, wenn sie die gleichen Ansprüche wie Phelsumen aufweisen, denkbare Mitbewohner des Phelsumenterrariums.

Der Großteil der für Mauritius angegebenen Schlangenarten lebt heute ebenfalls nur noch auf Round Island und einigen anderen kleinen Inseln, wie z.B. die Mauritius-Boas. Auf der Hauptinsel ist im Bezug auf die Taggeckos die Wolfszahn-Natter, Lycodon aulicus, von Bedeutung, die aus Asien nach Mauritius verschleppt wurde. Die Körperfärbung dieser nachtaktiven, bis 80 cm großen Schlange, ist rotbraun mit hellen Querbinden. Zum Nahrungsspektrum gehören neben Gliederfüßern auch Echsen, so dass die Natter einen potentiellen Fressfeind für Phelsumen darstellt.

Die Insel Mauritius beherbergt neben attraktiven Phelsumenarten eine Reihe weiterer interessanter Amphibien und Reptilien. Sicher wäre es den Versuch wert, die eine oder andere Art einmal im Terrarium zu pflegen.

Literatur:
HENKEL, F.W. & W. SCHMIDT (1995): Amphibien und Reptilien Madagaskars, der Maskarenen, Seychellen und Komoren – Stuttgart (Ulmer-Verlag), 311 S.

HESELHAUS, R. (1994): Taggeckos, Phelsuma – Stuttgart (Ulmer-Verlag), 92 S.

LERNER, A. & P. KRAUSE (1997): Die Taggeckos der Gattung Phelsuma Gray, 1825 auf Mauritius mit Bemerkungen zur begleitenden Herpetofauna – Jahrbuch für den Terrarianer, Krenglbach, 4, 46-52

OBST, F.J., K. RICHTER & U. JACOB (1984): Lexikon der Terraristik und Herpetologie – Leipzig (Edition), 465 S.

RÖßLER, H. (1995): Geckos der Welt – Leipzig, Jena, Berlin (Urania), 256 S.

Staub, F. (1993): Fauna of Mauritius and associated flora – Mauritius

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