Meine Suche nach Phelsuma cepediana

Joost Zwart (Der TagGecko Nr.54, 2/2006)

 

Seit meiner Kindheit bin ich voller Bewunderung für Phelsuma cepediana. Ich pflegte damals viele Reptilien in meinem Kinderzimmer, aber dennoch hielt ich Phelsuma cepediana immer für die schönste noch existierende Tierart. Als kleines Kind besuchte ich regelmäßig „AMREP“, ein Geschäft für Reptilien und Amphibien. Gelegentlich handelte der Besitzer auch mit Phelsumen, und so sah ich diese Tiere dort zum ersten Mal in der Realität. Aber ich sah dort niemals Cepedianas. Erst 1993 hatte ich meine ersten eigenen Phelsumen. Zu dieser Zeit hielt ich auch einige Cepedianas. Ich kaufte sie in einem Zoogeschäft, das damals H. Oostveen gehörte, den Autor des ersten Buches über Phelsumen (das noch in meinem Besitz ist). Leider verstarben die Weibchen immer innerhalb weniger Monate nach einer Art spastischem Anfall. Heute weiß ich, dass die Ursache ein Mangel an Kalzium und Vitamin D3 war. Es waren alles Wildfänge, und ihr schneller Tod war so gut wie sicher.

Am 10. April 2003 packte mich wieder das Phelsumenfieber, was für meinen Freund keine Überraschung war. Für mich war es jedoch eine Überraschung, dass er nichts dagegen hatte, als ich meine erste männliche Phelsuma ornata samt einem schönen Terrarium bei HCH in Bussum erstand. Von einem Züchter kaufte ich dann zwei Weibchen dazu. Das war allerdings kein großer Erfolg, da ein Weibchen das andere ständig verfolgte. Alle meine Freunde fanden die Tiere wunderschön. Ich habe so nette Freunde.

Nach einiger Zeit begann das Phelsumenfieber wieder an mir zu nagen, und während eines Abendessens, zu dem ich meinen Freund eingeladen hatte, fragte ich was er von meiner Idee hält mich mit meinem Hobby in den Keller auszudehnen. Dort hatte ich Platz für mehr Terrarien. Und so kam es, dass ich in kurzer Zeit einen ganzen Keller voll Phelsumenterrarien besaß. Ich kaufte die Tiere bei einem Züchter, von dem ich später auch zwei juvenile Cepedianas und ein älteres Männchen dieser Art erhielt, das jedoch nach einiger Zeit verstarb ohne gezüchtet zu haben.

Ich war recht erfolgreich. Ich züchtete viele Phelsuma ornata, Phelsuma laticauda laticauda, Phelsuma nigristriata, Phelsuma dorsivittata, Phelsuma guimbeaui, Phelsuma m.madagascariensis, Phelsuma klemmeri und Phelsuma robertmertensi.
Im September 2004 entschloss ich mich dann alle meine Phelsumen bis auf Phelsuma cepediana und die Phelsuma ornata, mit denen ich angefangen hatte, abzugeben. Eines der Cepediana-Jungtiere erwies sich als Männchen. Von Züchtern aus Deutschland erstand ich Weibchen dazu. Zur Zeit habe ich 19 Cepedianas. Von einem Pärchen erhielt ich letztes Jahr 15 Jungtiere (3 habe ich nie gefunden, wahrscheinlich wurden sie von ihren Eltern gefressen). Ich hoffe in diesem Jahr mit drei Weibchen züchten zu können. Drei der letztjährigen Jungtiere sind Männchen.

Im Februar diesen Jahres verkaufte ich alle verbliebenen Ornatas, und nun habe ich nur noch Cepedianas. Ich glaube, dass es für mich besser ist, mich nur auf eine Art zu konzentrieren. Im Jahr 2004 hatte ich so viele Jungtiere, dass ich den Überblick verloren habe. Ein weiteres Problem war, dass meine Freunde während meines Urlaubs die Pflege übernehmen mussten. Ich werde ihnen immer dankbar sein, dass sie das für mich tun.

Abb.1

Abb.1

Zu Beginn des Jahres 2005 brachte mich das Phelsumenfieber auf die Idee nach Mauritius zu reisen um meine Lieblingsspezies im Habitat zu sehen. Mein Partner, der sich weder für Schwimmen oder das Liegen am Strand begeistern kann noch an Phelsumen besonderes interessiert ist, überraschte mich aufs Neue. Ihm gefiel die Idee nach Mauritius zu reisen, auf eine tropische Insel mit vielen Stränden und offensichtlich nichts anderem zu tun als nach Geckos Ausschau zu halten. Und so kam es, dass wir am 27. November 2005 nach Mauritius aufbrachen.

Abb.2 Kulturlandschaft mit Zuckerrohrplantagen

Abb.2 Kulturlandschaft mit Zuckerrohrplantagen

Wir begannen unsere Tour am Flughafen im Süden von Mauritius. Dort mieteten wir ein Auto und fuhren in nordwestlicher Richtung nach Grand Baie. Von dort aus besuchten wir den botanischen Garten Pamplemousses (Bild 1) wo wir hoch in den Palmen und kaum sichtbar die ersten Phelsuma cepediana fanden. Bald entdeckten wir mehr, und sahen sie überall, wenn man nur in die richtigen Bäume schaute. Wir blieben für drei Tage in Grand Baie und machten von dort Touren in den Norden und das Zentrum der Insel. Abgesehen vom botanischen Garten und entlang der Straße, an der unser Hotel lag, fanden wir hier jedoch keine weiteren Phelsuma cepediana mehr und auch keine P.ornata oder P.guimbeaui.

Abb.3 Phelsuma cepediana

Abb.3 Phelsuma cepediana

Wenn man über die Hauptstraße fährt, ist die Insel nicht das, was man von einer Tropeninsel erwartet. Sie ist ziemlich flach und es gibt fast nichts anderes als Zuckerrohrfelder, die Pflanze, die für lange Zeit die ökonomische Grundlage darstellte (Bild 2). Im Zentrum der Insel gibt es mehr Berge, die mit Bäumen bedeckt sind. Palmen findet man in den Gärten der Bewohner der kleineren Dörfer und entlang der Straße, allerdings nicht so viele, wie es sie früher gegeben haben soll.

Abb.4 Phelsuma cepediana

Abb.4 Phelsuma cepediana

Wir entschlossen uns nach Flic en Flac zu fahren, das an der Westküste liegt. Wir hatten gehört, dass dies ein guter Platz zum Schnorcheln und zum Beobachten von Delfinen sei. Nach langem Hin und Her in welches Hotel wir gehen sollten, entschlossen wir uns für das Schönste. Wir hatten einen großartigen Meerblick. Meine Freude war groß, als ich feststellte, dass eine hübsche männliche Phelsuma cepediana die Palme direkt neben unserm Balkon bewohnte. Der Bursche lebte in dieser Strandpalme und hatte den gleichen Ausblick wie wir.
Von hier aus fuhren wir in den Naturpark „Black River Gorges“. Auf der Westseite des Parks mit ihren bekannten Wandermöglichkeiten begannen wir unsere Suche. Die Parkwächter konnten uns sagen, dass auf dieser Seite des Parks nur wenige Cepedianas leben (wir sahen ein Weibchen auf einem Baum an der Zufahrtsstraße). Wir mussten also auf die Ostseite. Wir fuhren daher nach Süden, dann nach Osten und wieder nach Norden um an den Osteingang zu gelangen. Entlang des Weges gab es herrliche Plätze und Aussichtspunkte von denen man das Meer und die Insel Ile aux Bénitiers sehen konnte.

Abb.5 P.cepediana, Männchen mit mehreren Weibchen

Abb.5 P.cepediana, Männchen mit mehreren Weibchen

Den Ostrand erreichten wir via Grand Bois. Der Wächter dort hielt gerade sein Nachmittagsschläfchen, als wir ihn aufweckten und nach Cepedianas fragten. Er schaute uns ein wenig verstört an, bestätigte aber, dass es diese hier gäbe. Der Eingang zum Park war wirklich nicht schön. Auf der linken Seite wuchsen monotone Sträucher und rechter Hand erstreckte sich ein schier endloser Zaun. Rastlos und wie gewöhnlich ohne Geduld war für mich klar, dass wir hier keine Cepedianas finden würden. Aber ruhig und entschlossen wie immer beschloss mein Freund, dass die Fahrt nicht umsonst gewesen sein sollte, und so gingen wir weiter. Nach 20 Minuten kamen wir an eine Kreuzung und wir entschieden uns nach links zu gehen. Hier fast an der Ecke entdeckten wir ein Pärchen P.cepediana in einem kleinen Baum (Bild 3), ein schönes Männchen mit intensiv blauem Rücken und Schwanz mit seinem Weibchen. Das Männchen streifte durch sein Territorium und suchte dabei immer wieder die gleiche sonnige Stelle am Baum auf. Nachdem ich viele Bilder geschossen hatte, da ich fürchtete, dies wären die letzten Cepedianas auf der Insel für mich, ging ich zur anderen Seite der Kreuzung zurück. Hier entdeckte ich dann mindestens 40 Tiere auf Ravenalas (Palme des Reisenden), die auf dieser Seite recht häufig waren (Bild 4). Die Sonne stand nun im Südwesten, es war später Nachmittag, und die Phelsuma cepediana genossen das Sonnenbaden in ihrem Territorium. Es war das erste Mal dass ich derart viele dieser wunderhübschen Geckos in ihrem natürlich Habitat beobachten konnte. Ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde. So leben also meine Tiere und so sehen sie in freier Natur aus. Viele von ihnen sind nicht perfekt aufgrund von Kämpfen, Paarungen etc., aber die Männchen sind wunderschön gefärbt. Oft sieht man ein Männchen mit bis zu 5 Weibchen auf einer Ravenala (Bild 5). Das Männchen mit leuchtenden Farben und die Weibchen weniger attraktiv gefärbt.

Abb.6 P.l.laticauda

Abb.6 P.l.laticauda

Unsere erste Etappe auf Mauritius war vorüber und am Morgen flogen wir nach La Réunion. Diese hübsche französische Insel war ursprünglich von Schildkröten bevölkert, die von den ersten Kolonialisten zur Gewinnung von Öl abgeschlachtet wurden. Heutzutage ist es eine Insel aus drei vom Meer umgebenen Vulkanen und einer schönen Küste. Wirtschaftlich geht es den Bewohnern besser als auf der unabhängigen Insel Mauritius. Die Mauritianer betrachten die Bewohner von La Réunion, die, wie sie sagen, nur Französisch sprechen können, ein bisschen argwöhnisch. Am Flughafen mieteten wir uns ein Auto und beschlossen nach St.Gilles les Bains zu fahren, eine netter kleiner Küstenort im Westen der Insel. Von hier aus wollten wir die Insel erkunden. Wir nahmen uns ein preiswertes Hotel, und wie immer suchten meine Augen nach Lebewesen, die durch die Vegetation krabbeln. In den ersten fünf Minuten nach unserer Ankunft fiel mein Blick auf einen Sansevierienbusch, die Pflanze, die meine heimischen Terrarien bewächst. Und tatsächlich, ein paar Sekunden später entdeckte ich ein Exemplar einer Art, die ich früher einmal in meinem Terrarienkeller hatte: ein Weibchen von Phelsuma laticauda laticauda! Ich war wirklich überrascht, denn diese Art ist hier eigentlich nicht zu Hause (Bild 6).

Abb.7 Phelsuma inexpectata

Abb.7 Phelsuma inexpectata

Bei einem kurzen Gang durch den Hotelgarten fand ich ein weiteres Exemplar hoch oben in einer Palme für meine Digitalkamera mit 10fach optischen Zoom gerade noch sichtbar. Als wir am nächsten Tag das Hotel verließen, schaute ich um die Ecke und hier saß knapp über einer Sansevierienanpflanzung eine schöne männliche Phelsuma laticauda an der Wand. Ich glaube, dass diese Art für immer hier sein wird. Außer Phelsuma inexpectata waren das die letzte Phelsumen, die wir auf der Insel zu sehen bekamen. Was wir sahen war Calotes ssp. Diese Tiere wurden ursprünglich von Asien hergebracht und sind so häufig, dass man alle 100 Meter auf eine trifft. Ebenfalls zum Schutz der Zuckerrohrpflanzen wurde der indische Minah Vogel eingeführt. Beide Tierarten müssen eine Bedrohung für die natürlichen Bewohner der Insel darstellen. Außerdem trafen wir auf ein hübsches Chamaeleon beim eiligen Überqueren der Straße. Wir entschieden uns ihm zu helfen. Es war darüber gar nicht glücklich!

Abb.8 Phelsuma ornata

Abb.8 Phelsuma ornata

Ich wusste, dass Phelsuma inexpectata auf La Réunion lebt, und ich erinnerte mich daran dass das irgendwo im Süden sein musste. Aber ich konnte mich an die genaue Stelle nicht mehr erinnern. Wir beschlossen trotzdem nach ihr zu suchen. So brachen wir eines morgens früh auf und fuhren die Westküste in südliche Richtung hinunter. Ungefähr fünf Kilometer von der Stelle, wo sie tatsächlich leben, suchte ich ohne Erfolg nach ihnen. Wir beschlossen weiterzufahren und kamen so zu einem botanischen Garten. Einer der Gärtner konnte mir die genaue Stelle nennen, wo die Tiere zu finden sind: Manapany les Bains. Unmittelbar nachdem wir dort angekomen waren, sah ich die erste P.inexpectata hoch oben in einem Baum, ein Yucca-ähnlicher Baum (sehr typisch für La Réunion). Natürlich wollte ich sofort aussteigen, aber mein Freund bestand darauf genau zu der Stelle zu fahren, die der Gärtner beschrieben hatte, eine Strandbar. Wir fanden die Stelle. Davor hielten sich viele Leute auf, die das Meer und ein Picknick genossen. Und genau hier, wo so viele Menschen zusammenkommen, trafen wir auf eine Fülle von Tieren der Spezies, die in Gefangenschaft als eine der scheuesten Arten gilt. Die Tiere hier zeigten keinerlei Anzeichen von Scheu. Natürlich kommt man nicht näher als einen oder zwei Meter heran, aber trotzdem haben es die Tiere nicht eilig zu fliehen.

Abb.9 prächtig gefärbtes Weibchen von P.cepediana

Abb.9 prächtig gefärbtes Weibchen von P.cepediana

Wir sehen viele Weibchen, einige deutlich gravide, und Männchen in leuchtenden Farben (Bild 7). Die Leute, die beobachteten, wie wir Tieren, die sie als selbstverständlichen Teil ihrer Umwelt betrachten, derart viel Aufmerksamkeit schenken, müssen uns wohl für verrückt gehalten haben. Meine Kamera ratterte ununterbrochen, während mein Freund in der Bar etwas trank.
Ich war total zufrieden, als es zurück in unser Hotel ging.
Wir beendeten unseren Ausflug nach La Réunion in der Hauptstadt St.Denis. Eine nette und zu dieser Zeit auch sehr heiße Stadt im Norden der Insel. Als dort unsere hintere Autoscheibe in die Brüche ging, blieb uns nichts anderes übrig als den Wagen zur Autovermietung am Flughafen zurückzubringen.

Abb.10 wunderschönes Männchen von P.cepediana

Abb.10 wunderschönes Männchen von P.cepediana

Unsere Reise begann mit einer Woche auf Mauritius, dann verbrachten wir eine Woche auf La Réunion und beendeten unseren Urlaub schließlich auf Mauritius, wo wir noch drei weitere Tage verbrachten. Am Ankunftsabend war das Wetter schön, aber der nächste Tag sollte regnerisch werden. Am Morgen war es aber immer noch trocken und so beschlossen wir die Ile aux Aigrettes zu besuchen. Auf dieser Insel lebt die gefährdete rosa Taube, aber auch viele Phelsuma ornata (Bild 8). Hier waren sie wirklich häufig. Tatsächlich fanden wir P.ornata nur hier und auf dem gegenüberliegenden Küstenstreifen. Einen Tag später besuchten wir noch die Rochester Wasserfälle. An dieser Stelle konnte ich meine schönsten Cepediana Aufnahmen machen. Als wir den Wagen parkten, sahen wir schon einen Mann auf uns zukommen. Man konnte fühlen, dass er etwas von uns wollte. Der Typ stellte sich als unser (nicht bestellter) Führer heraus, und er brachte uns zu dem Wasserfall. Auf dem Weg nach unten entdeckte ich das farbenprächtigste Cepediana-Weibchen, das ich je gesehen habe (Bild 9). Am oberen Ende des Wasserfalls warteten mehrere Männer und kleine Jungen in Badebekleidung, jederzeit bereit von oben ins Wasser zu springen, wenn wir ihnen dafür etwas Geld geben würden. Auch unser „Führer“ wollte etwas Geld und ich war bereit ihm etwas zu zahlen, nur damit er uns in Ruhe lässt, und ich in der Umgebung nach Cepedianas Ausschau halten konnte. Dafür zeigte er mir dann den schönsten männlichen Cepediana, den ich je gesehen habe, auf einer Bananenpflanze (Bild 10). Dafür bin ich ihm enorm dankbar.

Ich muß sagen, die Reise hat sich gelohnt. Ich konnte meine Lieblingsspezies Phelsuma cepediana im natürlichen Lebensraum beobachten. Die Hotels kosteten etwa 100 Euro pro Nacht inklusive Frühstück und Abendessen. Natürlich war das kein billiger Urlaub, aber doch im Rahmen der Möglichkeiten für beinahe jedes Budget. Mit Sicherheit war es nicht so teuer, wie ich erwartet hatte. Ich kann nur jedem von euch empfehlen dorthin zu reisen, und das schönste Tier, Phelsuma cepediana, in seinem Habitat zu sehen.

Plötzlich war dann der 15. Dezember da, und wir mußten wieder nach Hause. Dank meiner guten Freunde Gerard und Pieter fand ich meine Tiere in bester Verfassung vor.

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